Beim Kindernotfall muss es schnell gehen! Was wiegt der Säugling? Wie schwer ist das Grundschulkind? Wie muss entsprechend das Medikament dosiert werden? Wie viel ist zu viel? Wie viel zu wenig? Die exakte Berechnung der gewichtsadaptierten Medikamentenapplikation stellt den Rettungsdienst und alle Erstversorger vor eine der größten Herausforderungen. So kommt es nicht selten zu folgenschweren Dosierungsfehlern. Die DIVI-Sektion Pädiatrische Intensiv- und Notfallmedizin hat deshalb jetzt die allgemeingültige DIVI-Kindernotfallkarte entwickelt und veröffentlicht. „Die DIVI-Kindernotfallkarte soll die Anwendung von Medikamenten beim Kindernotfall deutlich erleichtern”, wünschen sich die federführenden Sektionsmitglieder Dr. Bernd Landsleitner und Prof. Florian Hoffmann. Sie betonen: „Je schneller die Karte in jedem Rettungswagen verfügbar ist, desto besser!“
In der DIVI-Kindernotfallkarte wird auf eine Verdünnung weitestgehend verzichtet, da der Verdünnungsvorgang, besonders im Notfall, eine zusätzliche Fehlerquelle darstellt. Plakativ und farblich gut zu unterscheiden stellt die Karte die Angabe der zu applizierenden Medikamente in Millilitern dar. Die wichtigsten und unterschiedlichen Medikamente sind nach Indikationen sortiert.
Kindernotfall ist immer eine Herausforderung
„Kindernotfälle sind zum Glück selten“, betont Florian Hoffmann, der als Oberarzt im Dr. von Haunerschen Kinderspital in München arbeitet. Der derzeitige Anteil von Kindernotfällen liegt bei unter zehn Prozent. So stellt selbst für die Teams in Kindernotaufnahmen der lebensbedrohliche Notfall eines kleinen Menschen keine klinische Routine dar. „Das bedeutet eine zusätzlich erhöhte Stressbelastung für das Team und damit eine große Fehlerquelle in der Behandlung“, betont Bernd Landsleitner, leitender Oberarzt der Abteilung Anästhesie und Intensivmedizin der Cnopfschen Kinderklinik in Nürnberg.
Gabe von Medikamenten im Kindernotfall nie ohne unterstützendes System!
Entsprechend wird im Kindernotfall bereits seit 2021 empfohlen: Keine intravasale Gabe von Medikamenten, die eine geringe therapeutische Breite aufweisen oder bei Fehldosierung großen Schaden anrichten können (wie z. B. Adrenalin oder Analgetika), ohne vorherige Überprüfung durch ein unterstützendes System. Dies können kognitive Hilfen wie bspw. eine Tabelle oder ein Lineal sein. „Hier orientieren wir uns bereits an der S2k–Leitlinie Medikamentensicherheit bei Kindernotfällen, die unter DIVI-Beteiligung entstanden ist“, so Landsleitner.
Die DIVI-Kindernotfallkarte stellt jetzt eine solche kognitive Unterstützung dar. Die Karte darf, soll und kann weitergegeben, empfohlen und vervielfältigt werden!
Die DIVI-Kindernotfallkarte kann mit dem Stichwort „Kindernotfallkarte“ unter www.divi.de runter geladen werden.
Versorgungssituation schwer kranker Kinder:
Im Sommer am Limit. Im Winter überrollt?
Im Sommer kaum freie Betten zu haben, sei 2023 eine neue Situation. So habe man bisher im Sommer immer etwas Platz auf den Stationen gehabt. „Aber jetzt sehen wir noch einmal eine Verschärfung des Personalmangels und eine entsprechend prekäre Versorgungssituation“, konstatiert Dr. Ellen Heimberg, Sektionssprecherin Pädiatrische Intensiv- und Notfallmedizin der DIVI. Der Personalmangel führe ganzjährig zu relevanten Bettensperrungen. Wenn man aber im Sommer bereits am Limit sei, so fürchten die Kinderintensivmediziner, werde man im Winter überrollt.
Kurzfristig könnten vor allem überregionale Strukturen und Netzwerke die Situation verbessern. So wiederholt die DIVI die bereits im letzten Winter ausgesprochene Forderungen:
- Den Aufbau telemedizinischer Netzwerke für den Austausch der behandelnden Teams untereinander, um allen Kindern die gleiche Versorgungsqualität zukommen lassen zu können.
- Den Aufbau von spezialisierten Kinderintensivtransport-Systemen, um Kinder sicher und von Kinderexperten begleitet zu transportieren.