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Die Anlage einer Thoraxdrainage kann therapeutisch zur Entlastung eines Pneumothorax oder Pleuraergusses sowie post­operativ zur Ableitung von Sekreten und/oder Luft erfolgen. Ferner können verschiedene Erkrankungen im Krankenhaus die Anlage einer Thoraxdrainage notwendig machen. Moderne, elektronische Drainage­systeme können mit ihren Überwachungsfunktionen das Pflegepersonal entlasten und bieten besonders im Hinblick auf die Frühmobilisation neue Möglichkeiten.

Thoraxdrainagen bzw. Pleuradrainagen dienen dazu, aus der spaltförmigen Pleurahöhle oder dem Mediastinalraum Luft abzuleiten, manchmal auch Blut, Sekret, Eiter oder Lymphe, führte Carsten Hermes, M.Sc., Praxisanleiter für Pflegeberufe, Bonn, in die Thematik ein. Bei korrekter Lage können im Verlauf die physiologischen Druckverhältnisse zunehmend wieder hergestellt werden und die Lunge reexpandieren. Die häufigsten Indikationen sind:

  • Pneumothorax
  • bei Flüssigkeitsansammlungen in der Pleurahöhle:
    • Hämatothorax
    • Serothorax
    • Pleuraempyem (Pyothorax)
    • Chylothorax (bei Verletzung des Ductus thoracicus).

Relative Kontraindikationen für eine Thoraxdrainage bestehen bei einer erhöhten Blutungsneigung (z. B. durch Antikoagulation) und bei Adhäsionen im Pleuraraum (z. B. nach operativen Eingriffen). Man unterscheidet unter anderem zwischen

  • Pleuradrainagen zur Wiederherstellung des physiologischen, subatmosphärischen Drucks im Pleuraspalt
  • Perikarddrainagen zur Herzentlastung
  • Mediastinaldrainagen zur Blutungskontrolle nach Herzoperationen.

Am häufigsten werden Pleuradrainagen eingesetzt – z. B. besonders wichtig als Notfallmaßnahme bei einem akut lebensbedrohlichen Spannungspneumothorax. Bei Verdacht auf Spannungspneumothorax muss als Notfallentlastung sofort eine Pleuradrainage durchgeführt werden, berichtete Hermes. Ein Spannungspneumothorax entsteht, wenn bei Inspiration Luft durch eine äußere Verletzung oder einen inneren Riss der Lunge in den Pleuraspalt eindringt und bei Exspiration nicht wieder entweichen kann. Die Symptome sind Schmerzen im Brustkorb, Kurzatmigkeit, beschleunigte Atmung und Herzrasen, gefolgt von einem Schock.

Drainagesysteme

Um den spezifischen Pleuradruck nach einem Trauma oder infolge einer Erkrankung wiederherzustellen und zu regulieren, werden verschiedene Medizinprodukte eingesetzt. Die Systeme für die Thoraxdrainage sind Schwerkraftein- oder -mehrkammersysteme, berichtete Hermes. Die am häufigsten verwendeten Dreikammersysteme bestehen aus einem den Rückstrom verhindernden sogenannten Wasserschloss und der Sekretsammelkammer. Die dritte Kammer dient der Begrenzung eines unreguliert anliegenden Sogs, funktioniert als Leckagemonitor und zur Bestimmung der Sogstärke allerdings nur ungenau. Deshalb können mehrere Komplikationen wie Sogverlust, überhöhter Sog oder Drainageverschluss auftreten. Im Schlauch müsse unbedingt eine Siphonbildung verhindert werden, betonte Hermes. Das Hauptproblem dieser Schwerkraftsysteme bestehe laut Hermes darin, dass sie aus einer Zeit stammen, in der Luft oder wässrige Flüssigkeiten abgesaugt werden sollten und Patienten auf Intensivstationen eine Bettruhe einhalten mussten. So darf im Fall der Flüssigkeitsabsaugung das System nicht umkippen. Das verhindert eine Frühmobilisierung des Patienten.

Digitale Drainagesysteme

Digitale Thoraxdrainagen bestehen aus einem Sekretsammelbehälter und einem digital gesteuerten Saugsystem, welches das Wasserschloss, die Sogkontrollflasche und die Unterdruckquelle ersetzt (Abb. 1). Wie Hermes erläuterte, eliminieren die digitalen Systeme die beschriebenen Nachteile der konventionellen Schwerkraftsysteme. Der eingestellte intrathorakale Unterdruck wird durch kontinuierliche Messungen am Patienten über­wacht und mit Hilfe von Algorithmen, die das tatsächlich geförderte Volumen präzise berechnen, reguliert. Der Unterdruck lässt sich individuell auf den Patienten abstimmen. Das System erzeugt auch nur dann aktiv einen Sog, wenn eine Abweichung zwischen Ist- und Sollwert im Thorax vorliegt. Durch die bedarfsgerechte Regulierung des Sogs werden den Patienten und Patientinnen Schmerzen erspart. Insgesamt ergeben sich durch den Einsatz eines digitalen Thoraxdrainagesystems neue Möglichkeiten.

Entlastung durch digitale Drainagesysteme

Die Generierung objektiver Daten hinsichtlich der Luftleckage und die Flüssigkeitsmessung sind wichtige Vorteile der digitalen Thoraxdrainagesys­teme wie bspw. dem ATMOS S 201 (Abb. 1). Sie verfügen über elektronische Funktionen zur Darstellung von Therapieparametern, Datenspeicherung und kontinuierlichen Überwachung des Therapieverlaufs. Mit automatischen Warnmeldungen bieten die Systeme eine erhöhte Sicherheit, sodass sich gegenüber den konventionellen Schwerkraftsystemen der Aufwand für zeitintensive Kontrollen deutlich reduziert. Ferner sind sie in der Lage, den Siphon­effekt auszugleichen bzw. zu verhindern. Zu den spezifischen Vorteilen gehören:

  • Genaue Druckmessung und -regulierung in Echtzeit
  • Echtzeitanzeige von aktuellen Flow- und Druckwerten
  • Grafische Darstellung des Therapieverlaufs und Datenverfügbarkeit
  • Ein Sog wird nur generiert, falls Soll-Werte unterschritten werden
  • Permanente Überwachung des intrathorakalen Unterdrucks mit Warnfunktionen
  • Kein Siphoneffekt
  • Nachtruhe durch einen Nachtmodus, da kein Blubbern in der Kontrollkammer
  • erbesserte Patientenmobilität und Frühmobilisationsmöglichkeiten.

Frühmobilisation mit Thoraxdrainagen

Die frühe Mobilisation kritisch erkrankter Patienten auf der Intensivstation ist heute ein essenzieller Bestandteil von Behandlungspfaden der Intensivmedizin.1 Die S3-Leitlinie „Lagerungstherapie und Mobilisation von kritisch Erkrankten auf Intensivstationen“ gibt dazu Empfehlungen, die sich positiv auf Mortalität, Funktionalität, Lebensqualität, Kognition, Beatmungsdauer und die Verweildauer auf Intensivstation und im Krankenhaus auswirken sollen.1 Durch die Miniaturisierung der Drainagesysteme, die Regulierung und Überwachung des Therapieverlaufs wird die frühzeitige Mobilisierung von Patienten begünstigt, betonte Hermes. Eine frühzeitige Mobilisation wirkt sich auch positiv auf die benötigte Dauer der Thoraxdrainage aus.

Die Frühmobilisation mit Thoraxdrainagen ist auch wichtig für die Fast-Track-Chirurgie, die eine schnellere Genesung nach Operationen fördert. Laut ERAS-Empfehlungen2 überwiegen die Vorteile der Mobilisation innerhalb von 24 Stunden nach der OP die Nachteile.3 Barrieren wie Schmerzen, Übelkeit und Luftleckagen können durch moderne digitale Drainagesysteme gemindert werden. Diese Geräte ermöglichen Patienten mehr Bewegungsfreiheit ohne technische Kenntnisse; bei Alarm wird das Pflegepersonal informiert. Konventionelle Systeme erfordern hingegen für die Mobilisierung von Patienten deren Schulung.

Resümee

Die Nutzung elektronischer Thoraxdrainagesysteme bietet gegenüber konventionellen Systemen erhebliche Vorteile bei der Behandlung von Patienten. Diese digitalen Systeme (Bsp. in Abb. 1) zeichnen sich durch präzise Bestimmung der Therapieparameter, durch eine kontinuierliche Regulierung und Überwachung sowie Warnfunktionen aus, die das Pflegefachpersonal entlasten. Zudem erleichtern sie die frühzeitige Mobilisation von Intensivpatienten oder postoperativ im Rahmen der Fast-Track-Chirurgie, indem sie die benötigte Drainagedauer verkürzen und Barrieren wie Schmerzen und Luftleckagen reduzieren.

(mk)

Bild: ATMOS MedizinTechnik GmbH & Co. KG

Abb. 1: Die Thoraxdrainagesysteme ATMOS S 201 Thorax (rechts) und ATMOS C 051 Thorax (links). Letzteres kommt vor allem in der lungen­chirurgischen Intensivmedizin, der Pneumologie und der Notfallversorgung zum Einsatz. Der leistungsstarke ATMOS S 201 Thorax unter anderem im kardiochirurgischen Intensivbereich.

Quelle:
Workshop „Thoraxdrainage drin und was nun?“ im Rahmen des Symposiums Intensivmedizin und -pflege, Bremen, 25.02.2024. Sponsor: ATMOS MedizinTechnik GmbH & Co. KG.

1. Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. (DGAI): S3-Leitlinie Lagerungstherapie und Mobilisation von kritisch Erkrankten auf Intensivstationen, Stand: 25.07.2023; AWMF-Registernr. 001-015

2. Gustafsson UO, Scott M et al. Guidelines for Perioperative Care in Elective Colorectal Surgery: Enhanced Recovery After Surgery (ERAS) Society Recommendations. World J Surgery 2018; 43: 787–95

3. www.bibliomed-pflege.de/pi/artikel/46764-mobilisation-mit-drainagen