ADRIAN GILLISSEN

Asthma ist eine heterogene Erkrankung multifaktorieller Genese, die durch das Auftreten zeitlich und in ihrer Intensität variierender Symptome, wie Atemnot, Giemen, Brustenge und Husten, sowie durch eine bronchiale Hyperreagibilität gekennzeichnet ist. Ungefähr 3–5% aller Asthmapatienten leiden an einer schweren unkontrollierten Erkrankungsform. Schweres unkontrolliertes Asthma beeinträchtigt die Betroffenen sehr. Solche Patient:innen zeigen eine erhöhte Mortalität und doppelt so viele asthmabedingte Hospitalisierungen wie nicht so schwer Betroffene.

 

Schweres unkontrollierbares Asthma ist durch die Persistenz typischer Asthmasymptome trotz einer optimalen inhalativen Therapie entsprechend der Therapiestufe 4 gekennzeichnet. Asthma-Exazerbationen sind ein weiteres Charakteristikum der Erkrankungsinstabilität.

Grundsätze der Antikörpertherapie beim Asthma

Unter bestimmten Bedingungen sind in der Therapiestufe 5 monoklonale Antikörper zu erwägen:

  • Asthmainstabilität trotz einer guten inhalativen Therapie bestehend aus einem inhalativen Kortikosteroid (ICS), einem langwirksamen β2Mimetikum (LABA) und einem Anticholinergikum, eine gute Patientencompliance vorausgesetzt. Notwendigkeit einer, wenn auch nur intermittierenden systemischen Therapie mit Kortikosteroiden (ggf. auch mit Leukotrieninhibitor). Gehäufte Asthmaanfälle (z. B. ≥ 2 steroidpflichtige Asthmaexazerbationen/Jahr oder ≥ 1 krankenhauspflichtige Exazerbation/Jahr), eine fehlende Symptomstabilität und/oder weitere Faktoren, die mit einer Prognoseverschlechterung assoziiert sind, wie z. B. eine hohe Peak-Flow-Variabilität oder eine schlechte Lungenfunktion (FEV1 < 80% mit FEV1/FVC < 70%).
  • Vorliegen eines Th2-Phänotyps. Dieser ist definiert als eine Sputum- oder Blut-Eosinophilie, Nachweis eines erhöhten Gesamt- oder allergenspezifischen IgE-Wertes im Blut und/oder einem erhöhtem FeNO-Wert (exhaliertes Stickstoffmonoxid ≥ 20ppb) trotz einer hohen ICS-Dosis. Begleiterkrankungen, wie eine Typ-1-Sensi bilisierung, Poliposis nasi, eine atopische Dermatitis, eine Aspirin intoleranz oder eine chronische Urticaria sind weitere Hinweise auf das Vorliegen eines Th2-Entzündungstyps.

Der Einsatz monoklonaler Antikörper erfolgt ergänzend zu der oben genannte inhalativen Therapie in Stufe 4 (wobei die NVL-Leitlinie Asthma zusätzlich zu einer inhalativen ICS/LABA die Gabe einer inhalativen Tiotropiumtherapie [= Triple Therapie] fordert).

Prof. Dr. med. Adrian Gillissen, M.Sc., Klinikum, am Steinenberg, Reutlingen

Zugelassene Antikörper

Monoklonale Antikörper greifen zielgerichtet in die Entzündungskaskade beim Asthma ein (Abb. 1). Mit Stand 03/2022 stehen insgesamt 5 monoklonale Antikörper zur Therapie des Asthmas zur Verfügung (Tab. 1). Zu beachten ist, dass a) die Verschreibung dieser teuren Präparate an gewisse Bedingungen gebunden ist, und b) dass es eine Diskrepanz zwischen dem Zulassungstext und der NVL-Empfehlung (s. u.) gibt:

Omalizumab (Xolair®): Rekombi nanter humanisierter DNA-derived IgG1 monoklonaler Antikörper, der an das Immunglobulin E (IgE) bindet. Omalizumab ist für die Therapie des schweren allergischen Asthmas zugelassen. Es wird subkutan appliziert. Die Dosis muss individuell anhand des Serum-IgE-Wertes vor Therapiebeginn und des Körpergewichts berechnet werden. Es sind Dosen von minimal 75 mg bis maximal 600 mg alle 2 oder 4 Wochen möglich.

  1. Omalizumab: Unkontrolliertes allergisches Asthma bronchiale mit mindestens einer perennialen Typ-1-Allergisierung sowie einem Serum IgE-Spiegel von 75–1.500 kU/l (gewichtsabhängig, vor Therapiebeginn).
  2. Mepolizumab, Reslizumab und Benralizumab: Unkontrolliertes Asthma in Stufe 4 und Blut-Eosinophile ≥ 300/µl (oder ≥ 150µl unter einer systemischen Kortikosteroidtherapie) aus mindestens zwei Messungen (nach NVL-Leitlinie).
  3. Dupilumab: Blut-Eosinophile ≥ 300/µl (oder ≥ 150µl unter einer systemischen Kortikosteroidtherapie) aus mindestens zwei Messungen (nach NVL-Leitlinie) oder eines FeNO-Wertes von ≥ 25ppb.
Tab. 1: Zur Behandlung des schweren Asthma bronchiale zugelassene Antikörper (Stand 03/2022). IL = Interleukin, R = Rezeptor.

Erfolgskontrollen für den weiteren Therapieverlauf

Die Therapiekontrolle unter einer IL-5/IL-5R/IL-4/IL-13-Inhibitortherapie erfolgt nach ca. 6 Monaten bzw. unter einer Omalizumab therapie nach ca. 4 Monaten. Erfolgsparameter sind:

  • Senkung der Asthmaexazerbationen,
  • Senkung typischer Asthmasymptome, wobei die Anwendung des ACT (asthma control test) oder andere Fragebögen eine intraindivi duelle Verlaufsbeurteilung erlaubt,
  • Verbesserung der Lebensqualität,
  • Senkung systemischer Kortikosteroide,
  • Senkung exhalierter FeNO-Werte,
  • Senkung ggf. auch der Bluteosinophilen, und
  • Verbesserung der FEV1.

Bei Therapieversagen kann man den verwendeten Antikörper gegen einen anderen mit einem anderen Wirkprinzip austauschen, sofern dies nach der Biomarkerkonstellation möglich ist.

Neue Antikörper in der Asthmatherapie

In der zukünftigen Entwicklung sind insbesondere Antikörper inte res sant, die weiter oben in der Entzündungskaskade (up-stream) ansetzen, und damit die Th2-Inflammation früh hemmen (Abb. 1). Dabei ist insbesondere das TSLP (thymic stromal lymphopoietin) vielversprechend. TSLP ist ein in Epithelzellen produziertes Zytokin, das in Haut-, Darm-, Lungen- und Thymuszellen exprimiert wird. Deren Hemmung reduziert die T-Zellproliferation durch eine T-Zell-Rezeptoraktivierung mit Senkung der zellulären Th2-Zytokinproduktion von IL-4, IL-5 und IL-13. Tezepelumab ist ein humaner monoklonaler anti-TSLP-Antikörper, der beim unkontrollierten Asthma (unter Stufe 4) im Placebovergleich signifikant Asthma-Exazerbationen senkt, die FEV1 und die Lebensqualität verbesserte. Der Effekt war besser bei Patienten mit einer Blut-Eosinophilenzahl von ≥ 300 Zellen/µl, blieb aber auch signifikant bei Patienten ohne die Charakteristika eines TH2-high-Asthmas. Die Zulassung in Deutschland wird Ende 2022 erwartet und würde gegenüber den anderen Antikörpern einen substantiellen Vorteil bieten, da Tezepelumab Biomarker-unabhängig wirkt.

Ungeklärte Aspekte

Es gibt bisher keine Head-to-Head-Antikörperstudien zur Frage, welches denn nun am besten wirkt. Zudem gibt es keine Studien zur Frage, ob eine Kombination besser als die Monopräparate wirkt. Dies würde allerdings die Behandlungskosten zusätzlich explodieren lassen. Gründe, weswegen trotz korrekter Anwendung manche Patienten keinen Therapieeffekt zeigen, sind Gegenstand aktueller Forschung. Ob eine Biologika-unabhängige Zulassung von Tezepelumab (wie durch die FDA) und damit durch die Einfachheit des therapeutischen Einsatzes eine Verdrängung der anderen Antikörper nach sich ziehen wird, bleibt – obwohl wahrscheinlich – abzuwarten.

Autor:
Prof. Dr. med. Adrian Gillissen, M.Sc., Chefarzt, Med. Klinik III (Klinik für Lungen- und Bronchialkrankheiten), Klinikum am Steinenberg GmbH, Steinenbergstraße 31, 72764 Reutlingen, www.kreiskliniken-reutlingen.de, e-Mail: gillissen_a@klin-rt.de.

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Weiterführende Literatur
1 Buhl R, Bals R, Baur X et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma – Addendum 2020. Pneumologie 2021; 75: 191–200
2 Buhl R, Bals R, Baur X et al. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie von Patienten mit Asthma. Pneumol Stuttg Ger 2017; 71: 849–919
3 Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie COPD. Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2021; DOI: 10.6101/AZQ/000477. www.leitlinien.de/copd
4 Chung KF, Wenzel SE, Brozek JL et al. International ERS/ATS guidelines on definition, evaluation and treatment of severe asthma. Eur Respir J 2014; 43: 343–73
5 Gillissen A. State of the Art der Biologika in der Asthmatherapie mit Blick in die Zukunft. PneumoNews. In Druck 2022.
6 Niespodziana K, Borochova K, Pazderova P, et al. Toward personalization of asthma treatment according to trigger factors. J Allergy Clin Immunol 2020; 145(6): 1529–34. DOI: 10.1016/j.jaci.2020.02.001
7 Pelaia C, Crimi C, Vatrella A et al. Molecular Targets for Biological Therapies of Severe Asthma. Front. Immunol 2020; 11: 603312. DOI: 10.3389/fimmu.2020.603312