Forschende des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE) und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben neue Erkenntnisse über die molekularen Anpassungen im Skelettmuskel nach einer bariatrischen Operation bei adipösen Patienten mit und ohne Typ-2-Diabetes gewonnen. Ihre Ergebnisse haben sie im Journal Diabetes & Metabolism veröffentlicht.

Die bariatrische Operation ist eine weithin anerkannte Intervention zur Behandlung von Adipositas. Die bariatrische Operation kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn Ernährungs- und Lebensstilinterventionen keinen langfristigen Gewichtsverlust erzielt haben.

Es ist bekannt, dass während der Entwicklung von Typ-2-Diabetes epigenetische Veränderungen (DNA-Methylierungen und -Hydroxymethylierungen) im Skelettmuskel auftreten, dem Gewebe, das für die Insulin-stimulierte Glukoseaufnahme die wichtigste Rolle spielt. Inwieweit diese Veränderungen durch Interventionen wie die bariatrische Operation reversibel sind, ist allerdings bislang unklar.

Ein interdisziplinäres DZD-Team, zu dem Leona Kovac, Annette Schürmann und Meriem Ouni vom DIfE sowie Sabine Kahl und Michael Roden vom Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) gehören, untersuchte daher die Auswirkungen eines chirurgisch induzierten Gewichtsverlusts auf metabolische, transkriptionelle und epigenetische Anpassungen im Skelettmuskel von adipösen Personen mit und ohne Typ-2-Diabetes.

Die Probanden waren Teilnehmer der BARIA-DDZ-Studie, eine prospektive Kohortenstudie, bei der Adipöse vor und bis fünf Jahre nach einer bariatrischen Operation umfassend metabolisch charakterisiert werden. Die hier beschrie­be­ne Studie konzentrierte sich auf die metabolischen und molekularen Ergebnisse, die sich im ersten Jahr nach der Operation bei 13 Männern mit Adipositas und 13 Männern mit Adipositas und Typ-2-Diabetes zeigten. Beide Gruppen wurden vor und ein Jahr nach der Operation anthropometrisch und metabolisch untersucht, einschließlich der Entnahme einer Muskelbiopsie und der Messung der gewebespezifischen Insulinsensitivität.

Gestörte epigenetische Flexibilität

Die DZD-Forschenden beobachteten ein Jahr nach der bariatrischen Operation unterschiedliche molekulare Reaktionen im Skelettmuskel. Vor der Operation zeigten die adipösen Diabetespatienten höhere Nüchternglukose- und Insulinspiegel sowie eine geringere Insulinsensitivität im Vergleich zu den adipösen Teilnehmern ohne Typ-2-Diabetes. Nach der Operation war der verbesserte metabolische Zustand bei den adipösen Teilnehmern ohne Typ-2-Diabetes ausgeprägter. Das spiegelte sich in differenziellen Gen­expressionsmustern im Zusammenhang mit Insulinsignalwegen, der intrazellulären Signaltransduktion und oxidativen Phosphorylierung wider. Im Gegensatz dazu zeigten die adipösen Diabetespatienten nur Veränderungen in Genen, die mit Ribosom- und Spleißosom-Funktionen assoziiert sind und die mit geringeren Änderungen in der DNA-Methylierung einhergingen. Das könnte mit der veränderten Expression eines Typ-2-Diabetes-Risikogens verbunden sein, das an den Demethylierungsprozessen beteiligt ist.

Maßgeschneiderte individuelle Therapien

Die Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung molekularer Anpassungen im Skelettmuskel nach einer bariatrischen Operation, insbesondere bei Personen mit Typ-2-Diabetes. „Unsere Studie legt nahe, dass epigenetische Mechanismen eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung dieser Reaktionen und der Vorhersage des Gesundheitszustandes spielen“, sagt Dr. Meriem Ouni.

Originalpublikation:
Kovac L, Gancheva S, Jähnert M, Sehgal R, Mastrototaro L et al. Different effects of
bariatric surgery on epigenetic plasticity in skeletal muscle of individuals with and without type 2 diabetes. Diabetes Metab. 2024; 50(5). DOI: 10.1016/j.diabet.2024.101561