Elektrische Magenstimulation bei Gastroparese-assoziierter Übelkeit und Emesis

Diabetische und idiopathische Gastroparese belasten die Patienten unter anderem oft mit einer stark ausgeprägten Nausea- und Erbrechenssymptomatik. Mit der Enterra™ Therapie steht für die Betroffenen eine moderne Therapieoption zur Verfügung, die diese Symptome lindert. Zum System gehören ein kleiner, batterie­betriebener Neuro­stimulator, zwei Elektroden und ein externes Programmiergerät.

Die Symptomlinderung beruht auf schwachen elektrischen Impulsen des Neurostimulators, die an den Magen übertragen werden. Dafür wird der Stimulator im Bereich des unteren Abdomens in einer subku­tanen Tasche platziert. Zwei Elektroden werden minimal invasiv in die Magenwand eingesetzt. Der Eingriff dauert in der Regel etwa 1 Stunde und die Patienten können die Klinik nach kurzem Aufenthalt wieder verlassen.

Nach der Operation kann der Arzt die Enterra™ Therapie mit einem handlichen, externen Programmiergerät individuell an den Patienten anpassen und optimieren (nicht-invasiv). Ein weiterer Vorteil: Die Behandlung ist reversibel. So kann die Therapie über das Programmier-Device bei Bedarf jederzeit und ohne Operation ein- und ausge­schaltet werden. Darüber hinaus kann der Neurostimulator aus dem Körper auch wieder entfernt werden.

Daten aus Frankreich und den USA

Dass gastrische Stimulation Übelkeit und Erbrechen lindern kann, zeigen Untersuchungsdaten aus Frankreich und den USA: Nach zwölf Monaten Stimulation hatten sich die Symptome im Vergleich zur Base­line deutlich verbessert. Etwa in einer randomisierten, kon­trol­lier­ten, multizentrischen Cross-over-US-Studie. Teilnehmer waren Patienten mit diabetischer Gastroparese, die an chronischer Übelkeit und Erbrechen litten, was sich durch Medikamente nicht behandeln ließ (n = 55).1 Geprüft wurden Wirksamkeit und Sicherheit der Behandlung mit Enterra™. Endpunkt war die wöchentliche Frequenz an Erbrechens-Ereignissen (WVF): post-crossover in der On-Phase im Vergleich zur OFF-Phase.

Das Ergebnis: Mit der Enterra Magenstimulation verringerte sich der mediane WVF im 12-Monats-Follow-up signifikant. Zudem reduzierte sich bei den Patienten unter der Enterra Therapie auch die Zahl der krankheitsbedingten Aufenthalte in Kliniken nach zwölf Monaten signifikant. Eine ähnlich aufgebaute RCT-Studie im Cross-over-Design in den USA unterstreicht diese Ergebnisse auch für Patienten (n = 32) mit idiopathischer Gastroparese und chronischer, medikamentös nicht beherrschbarer Übelkeit und Erbrechen: Die Enterra Therapie reduzierte den medianen WVF im 12-Monats-Follow-up signifikant (post-cross-over in der On-Phase im Vergleich zur OFF-Phase).2 Daten einer französischen RCT-Studie (Cross-over; Teilnehmer: Patienten mit chronischer, medikamentös nicht beherrschbarer Übelkeit und Erbrechen, mit und ohne Gastroparese) weisen in die gleiche Richtung. Gemessen wurde der Erbrechens-Score. Nach neun Monaten hatten sich die Symptome unter der Magenstimulation signifikant verbessert.3

 

Bilder: Enterra Medical

Abb.1: Das Enterra™ II System besteht aus einem Neurostimulator, der üblicherweise im Unterbauchbereich unter der Haut implantiert wird. Zwei Elektroden werden in die Muskelschicht dsr Antrum pyloricum implantiert und an den Neuro­stimulator angeschlossen.

Herausforderung in der Praxis

Im Praxisalltag ist die Gastroparese allerdings immer noch oft eine Herausfor­de­rung – die Behandlung ebenso wie die Diag­nose. Bei Letzterer etwa vergehen von den ersten Symptomen bis zur Klärung im Mittel 5 Jahre, während die Patienten mit unklarer Übelkeit und viele mit heftigem und oft häufigem Erbrechen zurechtkommen müssen. Eine Untersuchung ermittelte 2017 für diese Symptome eine negative Korrelation mit körperlicher und mentaler gesundheitsbezogener Lebensqualität.4 Das kann auch Lebensfreude und soziale Kontakte kosten. So berichtete eine junge Frau mit mehr als 20 Jahren Gastroparese, mit Nausea, Erbrechen und Schmerzen sei es für sie früher keine Option gewesen, auszugehen. Ein Diabetespatient sprach vom Verlust an Lebenswillen, als er schließlich täglich zehnmal und häufiger erbrechen musste und trotz Hungers kaum etwas essen konnte. Inzwischen haben beide durch die Enterra Behandlung „ihr Leben wieder“.

(Helga Brettschneider, Frankfurt/M)

 

Abb. 2: Enterra™ II Neuro­stimulator mit dem N’Vision Programmiergerät

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1 McCallum RW, Snape W, Brody F et al. Gastric electrical stimulation with Enterra therapy improves symptoms from diabetic gastroparesis in a prospective study. Clin Gastroenterol Hepatol 2010; 8(11): 947-e116. DOI: 10.1016/j.cgh.2010.05.020
2 McCallum RW, Snape W, Brody F et al. Gastric electrical stimulation with Enterra therapy improves symptoms of idiopathic gastroparesis. Neurogastroenterol Motil 2013; 25: 815–e636
3 Ducrotte P, Coffin B, Bonaz B et al. Gastric Electrical Stimulation Reduces Refractory Vomiting in a Randomized Crossover Trial. Gastroenterology 2020; 158(3): 506–14. DOI: 10.1053/j.gastro.2019.10.018
4 Yu D, Ramsey FV, Norton WF et al. The Burdens, Concerns, and Quality of Life of Patients with Gastroparesis. Dig Dis Sci . 2017; 62(4): 879–93. DOI: 10.1007/s10620-017-4456-7