Eine operative Alternative zur Fundoplicatio ohne störende Nebeneffekte?

DIETMAR STEPHAN

Dieser Artikel beschreibt ein neues chirurgisches, minimal-invasives Verfahren, welches Refluxsymptome durch die Rekonstruktion der physiologischen Antirefluxbarriere behandelt und die Antirefluxbarriere dann dauerhaft durch die Implantation eines RefluxStop (sphärisches Implantat) stabilisiert. Wir berichten über erste Erfahrungen und Ergebnisse.

Prof. (Saitama Med. Univ.) Dr. med. Dietmar Stephan, St. Marien-Krankenhaus Siegen

Die operativen Methoden stehen wieder mehr im Fokus der Antirefluxbehandlung

Die Symptome der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) sind in der Bevölkerung weit verbreitet, aber medikamentös nicht in dem Maße zuverlässig zu kontrollieren wie allgemein angenommen.1 Mehr als 40% der Patienten klagen trotz Einnahme adäquat dosierter Protonenpumpen Inhibitoren (PPI) über mehr als 2-mal wöchentliche, beeinträchtigende Beschwerden. Trotz der Tatsache, dass 40% der Patienten weiterhin beeinträchtigende Beschwerden haben, werden in Deutschland nur maximal 1% der betroffenen Patienten operiert. Die langjährig etablierte Alternative zur konservativen Behandlung ist die Kombination einer hinteren Hiatoplastik und einer Fundoplicatio nach Nissen oder einer Hemifundoplicatio nach Toupet. Insbesondere wegen möglicher Nebeneffekte wie Schluckbeschwerden, Blähungen (gas bloat), postprandialem Unwohlsein oder der Unmöglichkeit des Erbrechens2 als auch wegen einer nicht unerheblichen Rezidivrate kommen in jüngster Zeit auch alternative Verfahren in den Fokus der operativen Therapie.

Das LinxTM Verfahren mittels Magnetring hat allerdings ein durchaus vergleichbares Risiko von Nebeneffekten und die Neuromodulation des Ösophagussphinkters (EndostimTM) musste aufgrund der Insolvenz des Herstellers trotz hoffnungsvoller Ergebnisse aufgegeben werden. Daher gilt die Fundoplicatio bzw. die Hemifundoplicatio auch heute weiterhin als Gold-Standard3 der operativen Antireflux-Therapie.

 

Hintergrund und Grundprinzipien der RefluxStop-Therapie.

Das RefluxStopTM-Implantat und die Implantationstechnik wurden vom schwedischen Chirurgen Peter Forsell entwickelt und wird von der Implantica mit Sitz in der Schweiz vertrieben. Das Verfahren ist CE zertifiziert. Das Implantat besteht aus fünf Silikoneinzelteilen, welche zusammengesetzt und mit einem resorbierbaren Faden zusammengehalten werden (Abb. 1). Das RefluxStop Implantat wird minimal invasiv eingebracht, auf einen, an dem linksseitigen Ösophagus aufgesteppten, „Fundusflap“, strikt oberhalb des unteren Ösophagussphinkters (LES) platziert und mit Magenwand übernäht.

Abb. 1: Das RefluxStop™-Implantat

Im eigenen Vorgehen werden die Patienten für dieses Verfahren nach ausführlicher Funktionsdiagnostik im Rahmen einer interdisziplinären (Gastroenterologen, Viszeralchirurgen und Ernährungsmediziner) Expertenkonferenz des Refluxzentrums Siegerland ausgewählt. Die Basis für die OP-Indikation stellt dabei die S2k-Leitlinie der Fachgesellschaften für die Operationsindikation bei Refluxerkrankung dar.4

Der operative Ansatz der Methode besteht zum einen in einer präzisen und ausgedehnten Präparation des gastroösophagealen Überganges mit dem Ziel eine völlig spannungsfreie Lage des distalen Ösophagus und des unteren Ösophagussphinkters (LES) in der Bauchhöhle zu erhalten. Hierdurch wird erst die Voraussetzung für die Rekons truk tion des His’schen Winkels geschaffen. Diese Rekonstruktion wird über das Aufsteppen eines „Fundusflaps“ an der linksseitigen Zirkumferenz des Ösophagus auf einer Länge von mindestens 2–3cm erreicht (Abb. 2).

Abb. 2. „Fundusflap“ angeheftet an den Ösophagus auf mindestens 2cm Länge und an einen Großteil der gesamten linksseitigen Zirkumferenz

Dieser „Fundusflap“ dient hierbei auch als „Aufnahmelager“ für den RefluxStop, welcher unbedingt oberhalb des LES platziert werden muss. Der RefluxStop wird dann mit Magenwand (Fundus) eingescheidet, um seine Position zu sichern (Abb. 3).

Eine ggf. vorliegende Zwerchfellhernie wird vor Implantation des RefluxStop Implantats wie bei allen anderen operativen Verfahren vorzugsweise durch Naht der Zwerchfellschenkel hinter dem Ösophagus versorgt. Es werden nicht resorbierbare Fäden verwendet.

Durch das Vermeiden kompressiv den Ösophagus beeinflussender Faktoren im Rahmen der RefluxStop Implantation können die übli chen Nebeneffekte (Blähungen, Dysphagie, postprandiales Unwohlsein und Unmöglichkeit des Erbrechens) vermieden werden.

Durch die oben beschriebenen Grundprinzipien der Operation besteht darüber hinaus nach den ersten Untersuchungen und Erfahrungen die begründete Hoffnung, die bisherige Rezidivrate der operativen Verfahren deutlich senken zu können.

Abb. 3: Schematische Darstellung der RefluxStopTM Positionierung und Implantation

Studienergebnisse nach einem und drei Jahren

Von der Studiengruppe um Bjelovic5 wurde in einer prospektiven multizentrischen Studie zwischen Dezember 2016 und September 2017 bei 50 Patienten in einem standardisierten Verfahren ein RefluxStop – Implantat eingesetzt. Die Ergebnisse nach 6 Monaten und nach einem Jahr wurden im Juli 2020 veröffentlicht. Inzwischen berichtete Bjelovic im Oktober 2021 auf dem UGI Kongress in Belfast auch über die 3-Jahres-Ergebnisse dieser Studiengruppe.6

Der GERD HRQL Index verbesserte sich gegenüber dem Ausgangs wert um 86%. Nach einem Jahr nahm nur noch ein Patient regelmäßig jeden Tag einen PPI.6 Nach 3 Jahren (n = 47) kein Patient. Eine pathologische Säureexposition in der pH-Metrie fand sich nach einem Jahr nur bei 2,2% und nach 3 Jahren nur bei 4,2% der Patienten. Nur ein Patient war nach 3 Jahren unzufrieden mit der Behandlung und nur ein Patient klagte über eine milde Dysphagie (Tab. 1).6 Es gab in dieser Studie keine durch die Operation neu aufgetretenen, vorher nicht vorhandenen, dauerhaften Nebeneffekte.6

Ermutigende Ergebnisse mit hoher operativer Sicherheit, hoher Erfolgsquote und geringen Nebeneffekten

Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend und geben Anlass zu der Hoffnung, dass RefluxStop als neues Verfahren in der Antirefluxchi rurgie einen wertvollen Platz im Angebot der operativen Verfahren finden wird. Weitere Studien zur Rezidivhäufigkeit, zur Verbesserung der Lebensqualität und zu den Langzeit effekten werden folgen müssen.

Grundsätzlich erfordert die RefluxStop Behandlung eine sorgfältige, interdisziplinäre Patientenauswahl, eine umfassende Patientenaufklärung, eine detaillierte Patienteninformation und darüber hinaus ein umfassendes chirurgisches Training sowie die strikte Beachtung des Implantationsprotokolls. Die korrekte Plat zierung des RefluxStop ist der Schlüsselfaktor für den initialen und langfristigen Erfolg und die damit verbundene Symptomenkontrolle.

Zusammenfassung

Die Symptome der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD: gas troesophageal reflux disease) sind sehr verbreitet. Trotz der Tatsache, dass 40% der Patienten unter einer konservativen Therapie mit PPI weiterhin Beschwerden haben, werden in Deutschland nur weniger als 1% der betroffenen Patienten operiert. Als Goldstandard gelten, trotz potenziell unangenehmer Nebeneffekte, die Fundoplicatio nach Nissen bzw. die Hemifundoplicatio nach Toupet. Wir berichten über ein neues chirurgisches minimal-invasives Verfahren, welches Refluxsymptome durch die Rekonstruktion der Antirefluxbarriere, mittels Fixierung eines Implantats, RefluxStop, durch einen seitlich des Ösophagus oberhalb des LES in den Fundus implantierten behandelt wird. Die bisherigen Studien und unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass die RefluxStop-Implantation eine Methode ist, die bei Patienten mit GERD zu einer sehr guten Kontrolle ihrer Refluxsymp tome führt. Unangenehme Nebeneffekte scheinen hierbei deutlich reduziert zu sein. Die RefluxStop-Methode sollte auf der Basis der guten initialen Erfahrungen zur weiteren Evaluierung im Rahmen von Studien und insbesondere in Zentren mit hoher Expertise in der Refluxtherapie zur Anwendung kommen.

Autor: Prof. (Saitama Med. Univ.) Dr. med. Dietmar Stephan, Gastprofessor für Gastroenterologische Chirurgie Saitama Medical University International Medical Center, Japan, Leiter des Departments für Minimal Invasive Chirurgie und Robotic Surgery, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie (Chefarzt: Prof. Dr. med. F. Willeke), St. MarienKrankenhaus Siegen GmbH, Kampenstr. 51, 57072 Siegen.

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1
Boeckxstaens G, El-Serag HB et al. Symptomatic reflux disease: the present, the past and the future. Gut 2014; 63: 1185–93
2 Richter JE: Gastroesophageal reflux disease treatment: side effects and complications of fundoplication. Clin Gastroenterol Hepatol 2013; 11: 465–71
3 Galmiche JP, Hatlebakk J, Attwood S et al. Laparoscopic antireflux surgery vs. esomeprazole treatment for chronic GERD. The LOTUS randomized clinical trial. JAMA 2011; 305: 1969–77
4 Koop H, Fuchs KH, Labenz J et al. Z Gastroenterol 2014; 52: 1299–46
5 Bjelovic M, Harsanyi L et al. Non-active implantable device treating acid reflux with a new dynamic treatment approach: 1 year results, BMC Surgery 2020; 20: 159. DOI: 10.1186/s12893-020-00794-9
6Bjelovic M: 3 years results. Presentation at UIG Surgical Conference 2021, Belfast