Eine dreitägige inhalative Behandlung mit dem Antibiotikum Amikacin hat in einer multizentrischen, randomisierten Studie bei Patienten, die auf einer Intensivstation seit mindestens drei Tagen invasiv beatmet wurden, die Zahl der beatmungsassoziierten Pneumonien (VAP) gesenkt und deren Komplikationen vermieden.

Die beatmungsassoziierte Pneumonie (VAP) ist weltweit die häufigste nosokomiale Infektion, wobei oft oropharyngeale Bakterien die Auslöser sind. Die Bakterien, die sich zunächst in einem Biofilm auf der Tubusoberfläche vermehren, gelangen über den Tubus in die unteren Atemwege. Die Sterberate beträgt trotz Antibiotikatherapien bis zu 13%, wobei die meisten Todesfälle nach etwa sieben Tagen auftreten. Die Prävention beschränkt sich bisher weitgehend auf hygienische Maßnahmen.

In einer von Intensivmedizinern aus Frankreich initiierten randomisierten, kontrollierten Studie wurden 847 kritisch kranke Patienten in die Analyse einbezogen, die auf 17 französischen Intensivstationen mindestens 72 Stunden lang invasiv mechanisch beatmet wurden. Die Patienten erhielten entweder über drei Tage einmal täglich über einen Inhalator für etwa 45 min Amikacin oder eine Kochsalzlösung. Die Dosis betrug 20mg/kg (ideales) Körpergewicht. In der Studie waren dies insgesamt durchschnittlich 1,625mg Amikacin pro Tag.

Alle drei täglichen Inhalationen wurden von 337 Patienten (81%) in der Verum-Gruppe und 355 Patienten (82%) in der Placebo-Gruppe durchgeführt. In der Amikacin-Gruppe kam es bei 62 Patienten (15%) innerhalb von 28 Tagen zu einer VAP gegenüber 95 Patienten (22%) in der Placebo-Gruppe. Der Unterschied war statistisch signifikant (P = 0,004).

Auch infektionsbedingte Komplikationen traten im Zusammenhang mit dem Beatmungsgerät mit 74 Patienten (18%) in der Amikacin-Gruppe signifikant seltener auf versus 111 Patienten (26%) in der Placebo-Gruppe (Rate Ratio 0,66; 95-%-Konfidenzintervall 0,50 bis 0,89). Die Inhalationen erwiesen sich als gut verträglich. Schwerwiegende Nebenwirkungen wurden bei 7 Patienten (1,7%) in der Amikacin-Gruppe und bei 4 Patienten (0,9%) in der Placebo-Gruppe beobachtet

Originalpublikation:
Ehrmann S, Barbier F, Demiselle J et al. Inhaled Amikacin to Prevent Ventilator-Associated Pneumonia. NEJM 2023 October 25, 2023; DOI: 10.1056/NEJMoa2310307