Prof. Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

Bild: W&B Ronald Frommann

Auch wenn das Risiko eines schweren Verlaufs bei einer COVID-19 Erkrankung deutlich gesunken ist, erkranken derzeit nach wie vor täglich viele Menschen in Deutschland daran. Inzwischen gibt es eine große Anzahl an Publikationen und Therapiestudien zur Behandlung von an COVID-19 Erkrankten. Um einen guten Überblick über die Therapieempfehlungen behalten zu können, haben Vertreterinnen und Vertreter von 17 Fachgesellschaften sowie Patientenvertreter die Leitlinie zur Therapie von COVID-19 aktualisiert. Sie gibt konkrete Empfehlungen zur ambulanten und stationären Therapie. Federführend beteiligt war neben der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP) auch die Deutsche Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN), die Deutsche Gesellschaft für Infektiologie (DGI) sowie die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI).

Die aktualisierte Leitlinie umfasst Empfehlungen über den gesamten Verlauf der Erkrankung von der ambulanten Therapie bis zur Behandlung im Krankenhaus. „Nach wie vor werden täglich Hunderte neue wissenschaftliche Arbeiten zu COVID-19 publiziert. Die vorliegende Leitlinie bezieht nun alle neuen und gesicherten Erkenntnisse mit ein und ist für ein struk­turiertes, sicheres und ressourcenschonendes Management von COVID-19-Patientinnen und -Patienten in Praxis und Krankenhaus unerlässlich“, sagt Prof. Stefan Kluge, Koordinator der Leitlinie und Direktor der Klinik für Intensiv­medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Da an der Erstel­lung alle an der Therapie beteiligten Fachgruppen mitgewirkt haben, enthält die Leitlinie eine fächerübergreifende Betrachtung.

Aktualisierte Empfehlungen zu zahlreichen Medikamenten

Die medikamentöse Therapie von COVID-19-Patienten nimmt in der aktualisierten Leitlinienfassung einen besonderen Stellenwert ein. So enthält sie aktualisierte Empfehlungen zu zahlreichen Medikamenten. „Wir gehen in der Leitlinie ausführlich auf die derzeit eingesetzten Medikamente ein. Die Leitlinie stellt klar heraus, dass bei Patienten mit einem hohen Risiko für einen schweren Verlauf eine medikamentöse Frühtherapie erfolgen sollte“, so Prof. Christoph Spinner, Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI).

Mithilfe der Förderung durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und der Unterstützung des AWMF-Instituts für Medizinisches Wissensmanagement (AWMF-IMWi), konnten die Autoren erneut wichtige therapeutisch relevante Fragestellungen mit systema­tischen Evidenzsynthesen hinterlegen. „Die Sichtung der Literatur und die systematischen Evidenzsynthesen waren Grundlage für die konsentierten Empfehlungen in der Leitlinie“, so Prof. Nicole Skoetz, Professorin für Öffentliches Gesundheitswesen an der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln.

Leitlinie empfiehlt intensivierte Antikoagulation zu erwägen

Prof. Florian Langer von der Deutschen Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung (GTH) weist auf die Notwendigkeit einer adäquaten Thromboseprophylaxe mit Heparin bei hospitalisierten Patienten hin: „In den ersten Wellen der Pandemie haben wir viele Erkrankte mit Thrombosen und Lungenembolien gesehen. Die Leitlinie empfiehlt hierzu, bei im Krankenhaus behandelten COVID-19-Patienten mit moderater Krankheitsaktivität und erhöhtem Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf eine intensivierte Antikoagulation zu erwägen, also die Gabe von Medikamenten zur Hemmung der Blutgerinnung in einer höheren als sonst üblichen Dosierung.“

Empfehlungen für ambulante wie auch stationäre Behandlung

Die Leitlinie umfasst Empfehlungen über den gesamten Verlauf der ambulanten und stationären Behandlung. Von der Diagnostik über die Therapie bis hin zum weiteren Krankheitsverlauf. Darüber hinaus beinhaltet sie viele andere Aspekte wie Besonderheiten bei intensivmedizinischen Patientinnen und Patienten, beispw. zur Wachbauchlagerung sowie hygienische, ethische und palliativmedizinische Aspekte.

Die S3-Leitlinie kann von der Website der AWMF abgerufen werden: www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/113-001.html