Unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Gernot Marx, Universitätsklinikum Aachen, ging ein Symposium anlässlich des ‚DIVI 20 virtuell‘ der Frage nach, inwiefern mit immunologischen Therapieoptionen bei Patienten mit SARS-CoV-2-Infektionen positive Effekte erreichbar sind.

Prof. Dr. Stefan Kluge, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, erläuterte die therapeutischen Möglichkeiten bei Infektionen mit SARS-CoV-2 anhand der von ihm mit herausgegebenen S2k-Leitlinie.1 Darin wird die gesamte Bandbreite der stationären Therapien von der Notaufnahme bis zur Entlassung beleuchtet. Kluge ging u. a. auf die beiden dort befürworteten, medikamentösen Therapieoptionen ein.

Zwei vorgeschlagene Therapieoptionen

Zur antiviralen Therapie wird in der Leitlinie vorgeschlagen, dass bei nicht beatmeten, hospitalisierten COVID-19-Patienten mit Pneu­mo­nie und Sauerstoffbedarf in der Frühphase der Infektion Remdesivir gegeben werden kann.1 Demgegenüber rät die WHO momentan von einem Einsatz ab, denn es gäbe keine überzeugenden Daten. In einer rando­misierten Doppelbildstudie mit 1.062 Patienten hat eine 10-tägige Behandlung mit Remdesivir lediglich zu einer Verkürzung der Erkrankungsdauer geführt.2 Es sei laut Kluge fraglich, ob es eine so kosten­intensive Therapie wert ist, wenn die Letalität und weitere Endpunkte nicht signifikant beeinflusst werden. Auch in der größeren randomisierten SOLIDARITY-Studie fand sich kein Benefit hinsichtlich der Sterblichkeit, Initiierung einer Beatmung und Dauer der Hospitalisierung.3

In neuen Studien und Metaanalysen ist die Verabreichung von systemischen Kortikosteroiden bzw. Dexamethason bei beatmeten Intensiv­patienten mit COVID-19 mit einer geringeren 28-Tage-Sterblichkeit assoziiert.4, 5 So wird nun abweichend von der bisherigen medizi­ni­schen Praxis in der aktuellen S2k-Leitlinie Dexamethason als Pharma­ko­therapie bei Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung (SpO2 < 90%, Atemfrequenz > 30/min) oder kritischer (ARDS, Sepsis, Beatmung, Vasopressorengabe) empfohlen.1 Im Regelfall sei das der intubierte Patient, der dann 6mg Dexamethason p.o./i.v. für 10 Tage bekommt, so Kluge. Danach wird es abgesetzt. Beachtet werden muss die immunsuppressive Wirkung und das Risiko für Sekundärinfektionen (Pilze, Bakterien).1

Einsatz von Rekonvaleszenzplasma zur Therapie von SARS-CoV-2-Infektionen

Der Infektiologe PD Dr. rer. nat. Adalbert Krawczyk vom Westdeutschen Zentrum für Infektiologie (WZI), Universitätsmedizin (UK) Essen, disku­tierte den Verlauf der Infektion und der Immunantwort bei COVID-19-Erkrankten. Das SARS-CoV-2 ist ein umhülltes RNA-Virus. Es dockt mithilfe des Spike-Glycoproteins an den Angiotensin-Converting-Enzym-2 (ACE2) Rezeptor der Wirtszelle an.6 Der ACE2-Rezeptor ist in den Zellen des Magen-Darmtraktes, der Leber, Nieren und Blase sowie, für das initiale Infektionsgeschehen am wichtigsten, auf der Schleimhaut der Atemwege und den Lungen in unterschiedlicher Dichte vorhanden.6

Während antiviral wirksame Medikamente eine gewisse Entwicklungsarbeit voraussetzen, ist von Patienten nach überstandener Infektion gespendetes Rekonvaleszenzplasma (Convalescent Plasma, CP) zu einem relativ frühen Zeitpunkt einer Pandemie verfügbar. Grund­sätzlich kann man Immunantwort und Immunität über den Transfer von CP vermitteln. Im Fall von SARS-CoV-2 können neutralisierende Antikörper an dem Spike-Protein, genauer an der Spike-S1-Untereinheit, ansetzen, um die Bindung an den ACE2-Rezeptor zu verhindern.6 Denn in dieser Einheit ist die Rezeptorbindestelle (Receptor-Binding Domain, RBD) vorhanden. Laut Krawczyk wiesen erste Fallserien zur CP-Therapie zunächst auf einen positiven Einfluss auf den Infektionsverlauf bei COVID-19-Patienten hin.

Jedoch fiel eine Studie am UK Essen, in der schwerst erkrankte COVID-19-Patienten im Mittel ab Tag 12 nach Einsetzen der COVID-19-Symp­tome experimentell mit CP behandelt wurden, ernüchternd aus.7 Zwar wurde bei 7 von 8 Patienten die SARS-CoV-2-RNA elimi­niert, doch haben von den acht behandelten Patienten nur drei überlebt. Die Patienten hatten am Tag 12 bereits selbst sehr hohe Antikör­per-Titer entwickelt. In zwei weiteren randomisierten Studien wurden COVID-19-Patienten im Mittel ab Tag 8 nach Einsetzen der Symptome mit CP behandelt. In einer US-amerikanischen Studie bekamen 228 Patienten mit schwerer COVID-19-Pneumonie eine CP-Behandlung und 105 Placebo.8 In einer indischen Studie mit 464 moderat erkrank­ten COVID-19-Patienten erhielten 235 eine CP-Therapie und 229 eine Standardtherapie.9 In beiden Studien zeigte sich kein Letalitätsvorteil für die behandelten Patienten.

Der Verlauf der Antikörperantwort bei COVID-19

Für den Einsatz der adäquaten Therapie zum richtigen Zeitpunkt scheint die Beachtung der drei unterschiedlichen Krankheitsphasen der SARS-CoV-2-Infektion sinnvoll (Abb. 1).6, 10 Bei einem leichten Verlauf treten milde Erkältungs-ähnliche Symptome auf, die nach etwa 7 Tagen abklingen. Diese Patienten erreichen die pneumovaskuläre Erkrankungsphase II gar nicht. Falls das Virus vom Rachen in die tiefen Atemwege gelangt, kann es zu schwereren Verläufen mit moderater Dyspnoe bei gleichzeitiger Hypoxie kommen. Durch intrazelluläre Virusreplikation, Ausschleusung und Untergang der Wirtszelle kommt es nicht nur zur Virusvermehrung, sondern auch zu einer lokali­sier­ten Entzündung. Die Aktivierung sowohl des angeborenen als auch des adaptiven Immunsystems führt zur Produktion von Zytokinen und Chemokinen.6 Oft sinkt die Viruslast und die meisten Patienten können die Infektion immunologisch kontrollieren. Bei manchen Patienten scheint nach 8–15 Tagen diese Immunantwort überzu­schießen.6 Diese hyperinflammatorische Phase III ist durch einen Zyto­kinsturm mit fulminanter inflammatorischer Immunantwort gekennzeichnet und kann kritisch mit ARDS und Störung des Gerinnungs­systems verlaufen (Abb. 1).

Abb. 1: Klassifizierung der SARS-CoV-2-Infektionsstadien: Die Abbildung zeigt drei eskalierende Phasen des Fortschreitens der COVID-19-Erkrankung mit den damit verbundenen Antikörper­antworten (modifiziert nach Siddiqi et al.1 und A. Krawczyk)

Höchst wahrscheinlich kam in den gescheiterten Studien der Beginn der CP-Therapie zu spät. Optimalerweise sollte man versuchen, CP möglichst früh zu geben, bevor die Patienten eine inflammatorische Immunantwort entwickeln und selbst Antikörper ausbilden, schluss­folgerte der Infektiologe.

Antikörper-basierende Therapien in Entwicklung

Als eine weitere Antikörper-basierende Therapie kann man ein Hyperimmunglobulin aus einer Vielzahl von Spenderplasmen gewinnen. Krawczyk gab als Vorteile an, dass ein solches Präparat mit gepoolten, polyklonalen Antikörpern einen hohen, standardisierten Neutralisationstiter und ein relativ breites Wirkspektrum aufweist. Möglicherweise sei es auch gegen Virusmutationen wirksam.

Des Weiteren hat sich das immunmodulierende Präparat Trimodulin (Biotest AG, Dreieich) mit einem sehr hohen Anteil an IgA- und IgM-Antikörpern bereits in einer ersten Multicenter-Studie bei schwerer, beatmungspflichtiger Pneumonie als beeindruckend wirksam ge­zeigt.11 Man erhofft sich, damit bei COVID-19-Patienten einer überschießenden Immunantwort vorbeugen und dadurch pathophysiologische Vorgänge hemmen zu können.

Daneben befinden sich laut Krawczyk erste Präparate gegen COVID-19 mit monoklonalen Antikörpern in der klinischen Prüfung. Auf­grund ihrer hohen Spezifität greifen monoklonale Antikörper gezielt an der RBD an, um das SARS-CoV-2 am Andocken und Infizieren von Wirtszellen zu hindern. So zeigt z. B. ein von Fa. Regeneron Pharmaceuticals entwickeltes Medikament eine gute Verträglichkeit und wurde bereits in klinischen Studien bei COVID-19-Patienten erfolgreich eingesetzt. Ein prominenter Patient war Donald Trump.

Fazit: Das Timing ist wichtig

Trotz kontroverser Daten in der Literatur und erster gescheiterter Studien könnte CP durchaus eine mögliche Behandlungsoption werden, konstatierte Krawczyk. Hierbei scheinen eine möglichst frühzeitige Transfusion und hohe Antikörpertiter von entscheidender Bedeutung zu sein.12 Zur Einleitung einer CP-Therapie müsse allerdings eine Risiko­abschätzung vorgenommen werden. Hierfür benötigt man entsprechende Biomarker.

Sind alle COVID-19-Patienten gleich?

„Schon die Tatsache, dass die COVID-19-Erkrankung in drei Phasen verlaufen kann und nicht jeder Patient alle drei Phasen durchleidet, weist darauf hin, dass nicht alle Patienten gleich auf das SARS-CoV-2 reagieren“, gab Prof. Dr. Michael Adamzik, Universitätsklinikum Bochum, zu bedenken. Nur etwa 3% der Patienten entwickeln ein hyperinflammatorisches Syndrom. Dabei korrelieren die Plasmakonzen­trationen von proinflammatorischen Zytokinen wie Interleukin (IL)-6, Tumor-Nekrose-Faktor (TNF)-a sowie Granulozyten-Kolonie-stimulierender Faktor (G-CSF) mit dem Schweregrad der Erkrankung.13

Marker für einen schweren COVID-19-Verlauf

Adamzik berichtete, dass eine klinische Differenzierung der manchmal parallel ablaufenden Phasen II und III komplex sei. Um sich einen Eindruck über die Situation zu verschaffen, können Laborparameter wie CRP, IL-6, Ferritin und Lymphozytenzahl herangezogen werden.6 Für einen schweren Verlauf scheinen bei COVID-19 CRP-Werte >41,8mg/l zu sprechen.13, 14 Dabei hatten Verstorbene im Vergleich zu Überlebenden 3-fach höhere CRP-Spiegel (126,6 mg/l vs. 34,1mg/l, p < 0,001).14 Bei schwerer systemischer SARS-CoV-2-Infektion waren ebenfalls hohe Konzentrationen von IL-6 über 1.000pg/ml beob­achtet worden.14 Ein IL-6-Wert >32,1pg/ml zeigte sich bereits hinweisgebend für einen schweren Verlauf.14 Betrachtet man den zeitlichen Verlauf, um die Phase III von der II abzugrenzen, so imponiert in einer retrospektiven Beobachtungsstudie ab Tag 13 ein deutlicher Ferritinanstieg über 300ng/ml in der Verstorbenen-Gruppe, einherge­hend mit einem Anstieg von IL-6, Laktatdehydrogenase und D-Dimere.15 In einer Metaanalyse zeigten COVID-19-Patienten, die verstarben, im Vergleich zu den Überlebenden im Durchschnitt eine 3-fach höhere Konzentration des Serumferritins.16

Zudem wiesen Intensivpatienten, die eine COVID-19-Erkrankung nicht überlebt haben, eine durchschnittliche Lymphozytenzahl von 600/ml (400–700/ml) versus Überlebende 1.000/ml (800–1.400/ml, p < 0,001) auf.17 Auffällig sei, dass die immunsupprimierenden Zellpopulationen wie CD4+- und die CD8+-Zellen besonders stark reduziert sind18, so Adamzik. Ferner korrelierten ansteigende (TNF)-a- und IL-6-Konzentrationen mit abfallenden T-Zell-, CD4+- und CD8+-Zahlen.19 Die zelluläre Immunität sei so verändert, dass eine Hyperinflammation unterstützt wird.

Unterschiedliche immunopathologische Phänotypen

Adamzik stellte eine Vergleichsstudie vor, die überzeugend aufzeigt, dass es in Phase III unterschiedliche immunopathologische Phäno­typen gibt.20 Nienhold et al. haben mittels Next Generation Sequencing Immunzellen und inflammatorische Transkripte quantifiziert. Das Team untersuchte, welche Netzwerke sich besonders von den gesunden Kontrollen unterscheiden. Das Kollektiv der COVID-19-Patienten ließ sich in zwei deutlich abgrenzbare Cluster unter­teilen, die mit der Viruslast assoziiert waren. In der einen Patientengruppe waren im Vergleich zum anderen Cluster vor allem die Interferon-stimulierten Gene (ISG) stark hoch reguliert (D 2 Log-Stufen).20 Dieses inflammatorische Netzwerk von Genen bekämpft intrazellulär wachsende Keime, Viren oder Parasiten und ist Bestandteil des angeborenen Immunsys­tems. Die Gruppe des Phänotyps ‚High-ISG‘ leidet in der Infektionsphase III unter Hyperinflammation, während die andere ‚Low-ISG‘-Patientengruppe mit einer Antiinflammation und Immunsuppression reagiert (Tab. 1).20

Die COVID-19-Patienten des Clusters mit der hohen ISG-Expression zeigten sowohl in der Phase III als auch postmortem eine hohe Viruslast und eine extrem hohe Zytokinkonzentration im Blut und in der bronchoalveolären Lavage (BAL). Da der ACE2-Rezeptor auf den Endothelien zu den hoch regulierten ISG gehört, nimmt man an, dass dadurch die Viruslast besonders hoch ist. Der frühe Tod der betroffenen Patienten in Phase III wird möglicherweise durch Zytotoxizität und hyperinflammatorischen Schock hervorgerufen (Tab. 1). Bemerkenswert sei laut Adamzik, dass das Lungengewebe nur sehr wenig von T-Zellen, Makrophagen und neutrophilen Granulozyten infiltriert ist. Deshalb fanden sich bei diesem Phänotyp in den Lungenautopsien keine Koagulopathie, Mikro- oder Makrothrombosen und Neoangiogenese sowie keine großen Alveolärschäden.

Im Gegensatz dazu ist im Cluster Low-ISG eine sehr niedrige Viruslast zu finden. Diese Patienten sterben vermehrt in der sehr späten Phase III (Tab. 1). Zusammengefasst sieht man eine Immunparalyse mit T-Zell-Erschöpfung, kombiniert mit massiven Gewebeschäden durch zytotoxische T-, B-Zellen und Makrophagen in den Lungen sowie ein hoch aktiviertes Komplementsystem. Histologisch lassen sich Fibroblastenproliferation und Gewebereparatur gut darstellen. Wie Adamzik erklärte, ist dieser Phänotyp durch eine ausgeprägte Koagulopathie mit Makro- und Mikrothrombosen sowie einer Neoangiogenese in der Lunge gekennzeichnet.21

Immunmodulation in der hyperinflammatorischen Phase

In der RECOVERY-Studie zeigte sich für Dexamethason 6mg/d ein Überlebensvorteil am deutlichsten in Phase III, falls COVID-19-Patienten invasiv beatmet wurden.4 Dieser Benefit wurde wesentlich geringer in Phase II, war aber noch positiv. In der Phase I, in der noch keine Hyperinflammation auftritt, hatte sich die Dexamethason-Therapie jedoch zum schlechteren Outcome umgekehrt. „Deshalb müsse diskutiert werden, ob bei COVID-19-Patienten des Phänotyps Low-ISG Dexamethason sinnvoll ist“, so Adamzik. Dexamethason dürfe eben nicht unkritisch gegeben werden. Adamzik empfiehlt, die Inflammationsmarker IL-6 und das Ferritin heranzuziehen, um die Phase III im Hinblick auf die Hyperinflammation zu erfassen.

Immunglobuline können dagegen immunmodulatorisch wirken, indem sie je nach Erfordernis sowohl inflammatorische als auch antiinflammatorische Eigenschaften entfalten. Im Serum liegt mit der höchsten Konzentration das IgG vor, gefolgt vom IgA, dann das IgM. Beispielsweise wirkt freies monomeres IgA im Serum stark antiinflammatorisch und kann unter anderem IgG-induzierte Effekte inhibieren. Normalerweise entwickeln Immunglobuline keine Effekte auf intrazellulär replizierende Viren. Einzig das auf den Schleim­häuten dominierende dimere IgA wirkt aufgrund von rezeptorvermittelten Transportprozessen durch Epithelzellen sogar sehr potent intra­zellulär gegen Virusreplikationen.22 Darüber hinaus erzeugt das IgA auf den Epithelien proinflammatorische Effekte, kann neutrophile Granulozyten zur Migration bewegen sowie Bakterien und pathogene Pilze binden und eliminieren. IgA ruft, wenn es opsonierte Bakterien mit sich trägt, inflammatorische Reaktionen hervor.22 Ohne opsoniertes Pathogen oder Fremdpartikel führt es zu einer starken antiinflammatorischen Reaktion. Ähnlich wie das IgA verhält sich auch das IgM: Ohne Opsonierung antiinflammatorisch, mit Opsonierung inflammatorisch.

Immunglobulin-Therapie

Bekannt ist, dass aufgrund der Lymphopenie die Konzentrationen der Immunglobuline bei COVID-19 stark erniedrigt sind. Dabei korreliere der Mangel an Immunglobulinen mit dem Schweregrad der Infektion, wie Adamzik erläuterte. Insbesondere IgA und IgM sind reduziert. Doch gerade diese Antikörper (IgGAM, z. B. Pentaglobin® mit angereichertem IgA und IgM) sind die Multitalente und modulieren je nach Notwendigkeit sowohl inflammatorische als auch antiinflammatorische Prozesse und sind zurzeit die beste verfügbare immunmodulatorische Therapie. Dazu konnte in der CIGMA-Multicenterstudie in einer Subgruppenanalyse gezeigt werden, dass besonders Pneumoniepatienten mit schweren Verläufen und hohen Inflammationsmarker-Spiegeln von einer Immunglobulin-Therapie profitieren (Abb. 2).11 Darüber hinaus gibt es einige Case Reports, die darlegen, dass eine Immunglobulin-Therapie bei COVID-19 erfolgreich sein kann.23 Randomisierte Studien, die diese Therapie prospektiv untersuchen, sind bis dato noch nicht abgeschlossen.

Vor diesem Hintergrund hat Adamziks Team literaturgestützt eine entsprechende SOP (Standard Operating Procedure) zur COVID-19-Therapie entwickelt. So gibt es auf seiner Intensivstation in Bochum die IgGAM-Gabe bei COVID-19-Patienten nach strenger Abwägung der folgenden Werte:
Auf Nachfrage von Prof. Marx erklärte Adamzik, dass in Bochum über 40% der intensivpflichtigen COVID-19-Patienten diese Kriterien für den Einsatz von Pentaglobin erfüllen.

 

Zusammenfassung

Prinzipiell gibt es für die medikamentöse Therapie hospitalisierter Covid-19-Patienten zwei Ansätze: antiviral und immunmodulatorisch. Derzeit können in der S2k-Leitlinie lediglich zwei verfügbare medikamentöse Therapieoptionen vorgeschlagen werden.1

Bei COVID-19 scheint es während der hyperinflammatorischen Phase auch eine Immunparalyse zu geben; also Inflammation und Antiinflam­mation entweder parallel oder eine Seite überwiegend vorzukommen. Deshalb sollte man laut Adamzik zukünftig bei der Behandlung unter­schiedliche Phänotypen im Blick haben. Er hofft, dass in naher Zukunft dazu Evidenz geschaffen werden kann, um in Phase III die immunmodulatorische Therapie ggf. mit Immun­globu­linen erweitern zu können. Denn Immunglobu­line könnten, wie erste Ergebnisse zeigen, effektiv überschießende Entzündungsreaktionen hemmen, ohne weitere Immunprozesse zu beeinträchtigen.11

Die Botschaft der Referenten: Um Menschen­leben zu retten und Langzeitfolgen zu reduzieren, werden außer Impfstrategien dringend noch weitere medikamentöse Therapieoptionen benötigt.

(mk)

Quelle:
Online-Symposium „SARS-CoV-2-Infektionen – gibt es immunologische Therapieoptionen?“ anlässlich des DIVI 20 virtuell am 2. Dezember 2020. Sponsor: Biotest AG.

 

In Kooperation mit der Biotest AG – Kongressbericht DIVI 2020

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Kluge S, Janssens U et al. S2k-Leitlinie – Empfehlungen zur stationären Therapie von Patienten mit COVID-19, AWMF-Register-Nr. 113/001
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