EPILOC-Studie untersucht mehr als 1.500 ehemals Corona-Infizierte
Chronische Müdigkeit, Belastungsintoleranz, kognitive Beschwerden und eine erhebliche Einschränkung von Arbeitsfähigkeit und Lebensqualität: Das sind die Befunde einer großen baden-württembergischen Langzeitstudie über das Leiden nach einer Corona-Infektion. Für EPILOC (Epidemiologie von Long COVID) haben Forschende in den Universitätskliniken Freiburg, Heidelberg, Tübingen und Ulm mehr als 1.500 ehemals Infizierte nachuntersucht und festgestellt: Zwei Drittel der vom Post-COVID-Syndrom Betroffenen haben sich im zweiten Jahr ihrer Erkrankung kaum erholt. Trotz verschlechterter funktioneller Parameter zeigen Laboruntersuchungen beinahe keine pathologischen Befunde.
Zwei Jahre nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 haben viele Betroffene weiterhin erhebliche, bleibende Beschwerden. Dazu zählen bspw. Fatigue und rasche Erschöpfung, Gedächtnisprobleme und Konzentrationsstörungen sowie Atemnot und Brustschmerzen. Auch innere Unruhe, Depressionen und Schlafstörungen kommen häufig vor. Das zeigen die Ergebnisse der baden-württembergischen Studie EPILOC, für die in den Post-COVID-Ambulanzen der Universitätskliniken im Land mehr als 1.500 ehemals Infizierte im Alter von 18 bis 65 Jahren nachuntersucht worden sind.
Dabei wurde deutlich, dass sich mehr als zwei Drittel der Betroffenen im 2. Jahr nach ihrer Erkrankung kaum erholt hatten und weiterhin in ihrer gesundheitsbezogenen Lebensqualität und ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt sind. Im Vergleich zu Kontrollpersonen waren funktionelle Parameter verschlechtert, also z. B. die Handgreifkraft, der maximale Sauerstoffverbrauch bei Belastung und die Atemeffizienz sowie Ergebnisse bei neurokognitiven Testreihen.
Trotz dieser objektiven Anzeichen von verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit und kognitiven Defiziten zeigten beinahe alle Laboruntersuchungen der klinischen Routine keine pathologischen Befunde. Eine SARS-CoV-2-Persistenz oder Reaktivierung des Epstein-Barr-Virus (EBV), eine Nebenniereninsuffizienz oder Störungen der Blutgerinnung, wie oft in anderen Studien beschrieben, zeigten die Laborergebnisse nicht. Durch die hohe Zahl der Teilnehmenden und die Berücksichtigung möglicher Störfaktoren (z. B. Übergewicht oder Rauchen) beim Vergleich verschiedener Gruppen konnten solche Zusammenhänge klarer ausgeschlossen werden. Dies sei ein weiteres wichtiges Ergebnis der Untersuchung, betonen die Verfasser.
„Die Diskrepanz zwischen den funktionellen Testergebnissen, dem subjektiven Leiden der Patienten und den unauffälligen Routine-Laborparametern legen nahe, dass wir in einer anderen Richtung nach den pathophysiologischen Ursachen suchen müssen“, bemerkt Erstautor Dr. Raphael Peter vom Institut für Epidemiologie und Medizinische Biometrie der Universität Ulm. „Vor allem die neurometabolischen und neuroinflammatorischen Störungen, die Rolle des Skelettmuskelstoffwechsels und dysfunktionale Atmung sollten vermehrt in den Fokus zukünftiger Forschung kommen“, so Peter.
Studienleiter Prof. Winfried Kern aus der Klinik für Innere Medizin II der Universitätsklinik Freiburg ergänzt: „Es ist erschreckend, wie viele ehemals Infizierte nach zwei Jahren noch Beschwerden und Einschränkungen haben. Längere systematische, medizinische Nachuntersuchungen sind erforderlich, um Faktoren für Nichterholung bei Post COVID zu identifizieren. Nur so werden sich therapeutisch wirksame Interventionen finden und entwickeln lassen.“ Derzeit analysieren die Forscher die zahlreichen Bioproben der EPILOC-Studie mit erweiterter Methodik. Sie erhoffen sich daraus dringend benötigte Erkenntnisse, um den Personen mit Post COVID besser helfen zu können.
Quelle: Universität Ulm
Originalpublikation:
Peter RS, Nieters A, Göpel S, Merle U, Steinacker JM, Deibert P et al. Persistent symptoms and clinical findings in adults with post-acute sequelae of COVID-19/post-COVID-19 syndrome in the second year after acute infection: A population-based, nested case-control study. PLoS Med. 2025; 22(1): e1004511. DOI: 10.1371/journal.pmed.1004511