Chronische Wunden sind eine der vielen Folgeerkrankungen des Typ-2-Diabetes, die für die Patientinnen und Patienten mit einem hohen Leidensdruck verbunden sind. Wie groß das Risiko für die Entstehung schlecht heilender Wunden ist, hängt – wie bei vielen Diabetesfolgen – auch von der Ernährung ab. Welchen Einfluss aber hat die Ernährung auf bereits bestehende Wunden und worauf sollten Wundpatienten achten?
Wenn bereits eine chronische Wunde besteht, ist die Rolle der Ernährung nicht mehr so leicht zu fassen. Denn auch wenn viele Diabetes-Typ-2-Betroffene übergewichtig sind, weisen etliche zugleich eine Mangelernährung auf. „Viele Patienten sind mit bestimmten Nährstoffen unterversorgt, die für die Immunabwehr und für die Wundheilung wichtig sind“, betont Skurk. Das gelte nicht nur für geriatrische Patienten, wenngleich das Risiko bei diesen besonders hoch sei.
Gerade bei großflächigen Wunden kommen noch andere Probleme hinzu, die sich unmittelbar auf die Ernährung auswirken. „Hier kann es durch Wundsekrete zu einem ausgeprägten Flüssigkeits- und Eiweißverlust kommen, der ausgeglichen werden muss“, sagt Skurk. Bei der Erhöhung der Trinkmenge sowie bei einer proteinreichen Ernährung müssten jedoch zugleich auch andere häufige Diabetes-Komplikationen wie Herz- oder Nierenerkrankungen im Blick behalten werden. Versuche, die Wundheilung mithilfe bestimmter Aminosäuren, Vitamine oder Mineralstoffe zu verbessern, hätten bislang nicht zum Durchbruch geführt, so der Experte. Ein nachgewiesener Nährstoffmangel sollte jedoch stets ausgeglichen werden.
Ob sich die Heilung bereits bestehender Wunden durch solche Ernährungsinterventionen fördern lässt, ist noch unklar, denn Studien zu diesem Thema sind rar. „Eine adäquate Wundversorgung und Infektionskontrolle sind für den Heilungsprozess sicher entscheidender“, so Skurk. Das größere Potenzial für einen Ernährungseffekt liege in der Prävention. Eine gesunde, ausgewogene Ernährung und ausreichende Bewegung trage auch dazu bei, chronische Wunden zu verhindern, vor allem wenn bereits ein Typ-2-Diabetes besteht.
Was zu einem gesunden Lebensstil gehört, ist den meisten Menschen bekannt. Dennoch fällt es vielen Menschen nicht leicht, Sport oder regelmäßige Spaziergänge in den Alltag zu integrieren und auf hochkalorische Snacks zu verzichten. „Hier ist auch die Politik gefragt, den Menschen die Entscheidung für gesunde und gegen ungesunde Verhaltensweisen zu erleichtern“, sagt PD Dr. med. Kilian Rittig, niedergelassener Diabetologe in Teltow. Zu den konkreten Maßnahmen, die die DDG im Rahmen der Nationalen Diabetesstrategie fordert, zählen die Einführung einer „gesunden Mehrwertsteuer“ – mit steuerlicher Entlastung für gesunde sowie Steuererhöhungen auf ungesunde Lebensmittel – und eine verpflichtende Kennzeichnung mit dem Nutri-Score für alle Lebensmittel. „Weil die Weichen für einen gesunden Lebensstil bereits im Kindesalter gestellt werden, sollte besonderes Augenmerk zudem auf Kita und Schule liegen“, betont Rittig. So empfiehlt die DDG etwa, verbindliche Standards für eine gesunde Kita- und Schulverpflegung zu formulieren und ungesunde Lebensmittel für Kinder mit einem Werbeverbot zu belegen.
Quelle: Pressekonferenz zur 16. Diabetes Herbsttagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Angiologie (DGA), Wiesbaden, 11. November 2022