In der Intensiv- und Notfallmedizin gehört die Behandlung mit Katecholaminen als vasoaktive und inotrop wirksame Substanzen zur Routine. Ziel der pharmakologischen Herz-Kreislauf-Unterstützung ist die Verbesserung der Perfusion und des Sauerstoffangebotes des Herzens sowie der vitalen Organe. In akuten, kritischen Situationen lebenserhaltend, kann eine länger anhaltende exogene Katecholaminzufuhr für den Organismus besonders aufgrund der kardialen

Nebenwirkungen deletär werden. Im Folgenden wird weniger auf die im Vordergrund stehenden kardiovaskulären Kate­cholaminwirkungen, sondern mehr auf die extrakardialen, gastrointestinalen Effekte eingegangen.

Bei lebensbedrohlichen Zuständen der Organdysfunktion, wie sie bei­spielsweise bei Sepsis, septischem, kardiogenem oder anaphylakti­schem Schock auftreten, schüttet der Organismus endogene Katecholamine aus der Nebennierenrinde, dem sympatischen und Zentralen Nervensystem sowie dem Darm aus. Der Anstieg des Plasmaspiegels mit Noradrenalin und Adrenalin ist in der akuten Situation überlebenswichtig. Oftmals müssen auf der Intensivstation bei Patien­ten in kritischen hämodynamischen Zuständen zusätzlich Katecholamine gegeben werden. Katecholamine werden meist intravenös oder notfalls bei Reanimation intraossär appliziert.

Die endogenen und die exogenen Katecholamine erhöhen in dem Moment in ihrer kardialen Wirkung die Kontraktibilität und Frequenz des Herzens, das Herzzeitvolumen (HZV) und führen zu einer Vasokonstriktion. Die hämodynamische Steuerung bei persistierender Schocksymptomatik dient nicht nur der Blutdruckstabilisierung, sondern vor allem der Sicherstellung einer ausreichenden Substrat- und Sauerstoffversorgung der vitalen Organe (DO2), um ein Organ­versa­gen zu verhindern.1 Hierfür stehen eine Reihe von zum Teil sehr unter­schiedlich wirkende, positiv inotrope und vasoaktive Pharmaka zur Verfügung.1, 2 Zu dieser Substanzgruppe gehören die natürlichen Katecholamine Dopamin, Adrenalin, Noradrenalin und das thera­peu­tisch relevante, synthetische Katecholamin Dobutamin sowie Vasopressoren (z. B. Vasopressin), Phosphodiesterase-3-Hemmer und Kalzium-Sensitizer.

Ungünstige Wirkungen

Katecholamine haben eine Reihe unerwünschter Wirkungen, wobei die Induktion von Tachykardien und Herzrhythmusstörungen im Vordergrund stehen. Hält bei einem kritisch kranken Patienten die prolongierte Katecholaminausschüttung und exogene Zufuhr von adrenergen Stimulanzien zu lange an, kann dies systemisch und im Herzen proinflammatorisch wirken sowie durch Überstimulation Myokardschäden auslösen.2 Sämtliche Katecholamine und deren Derivate führen zu einer Steigerung des myokardialen Sauerstoffverbrauches – also genau des Organs, dessen Verbrauch in der Situation nicht erhöht werden sollte. Um negative klinische Auswirkungen zu vermeiden, sollte auch bei den Patienten, die zunächst durch Katecholamingabe stabilisiert werden konnten, geprüft werden, ob sich nicht durch eine vorsichtige Flüssigkeitsgabe eine Verringerung der Katecholamindosierung oder ein Absetzen erreichen lässt.1-4 Im Sinne einer kardioprotektiven Therapie ist meist ein engmaschiges invasives hämodynamisches Monitoring sinnvoll. Dabei sollten leitliniengemäß die erhobenen Parameter stets im klinischen Kontext und individuell betrachtet werden.2

Außerdem haben Katecholamine auch extrakardiale Neben­wirkun­gen, wie z. B. Splanchnikusminderperfusion, Glykolyse, Glykogen­olyse, Ketogen- sowie Zytokinfreisetzung etc., welche bei den einzelnen Substanzen unterschiedlich ausgeprägt sind. Ferner stören sie die angeborene und erworbene Immunantwort.1, 2, 4

Störungen der gastrointestinalen Motilität

Bei kritisch kranken Patienten mit Sepsis, Schock oder Multiorganversagen zeigen sich häufig Dysfunktionen und Schäden des Magen-Darm-Trakts (Gastrointestinal Failure (GIF), Acute Gastrointestinal Injury (AGI)). So treten bei etwa 50% der kritisch erkrankten Patienten Zeichen einer verzögerten Magenentleerung auf, bei septischen Patienten sogar bis zu 80%.4, 5 Im Zusammenhang mit einer Katecholamin-Therapie stehen die Störungen der Motilität und Perfusion im Vordergrund. Motilitätsstörungen können den gesamten Gastrointestinaltrakt betreffen und den Krankheitsverlauf erheblich komplizieren. Am häufigsten finden sich Magenentleerungsverzögerungen, Diarrhö und Obstipation.6 Neben Veränderungen des vegetativen Nervenstatus (erhöhter Sympathikotonus) spielen dabei vor allem Medikamente (z. B. Katecholamine, Opiate, Sedativa, Anticholinergika), Elektrolyt- und Glukosestoffwechselstörungen sowie Entzündungsmediatoren und vorausgegangene Operationen (insbesondere intraabdominelle Eingriffe) eine wichtige Rolle.7

Einerseits sind hochdosierte Katecholamingaben in vielen Situationen zur Aufrechterhaltung eines ausreichenden Perfusionsdrucks im Darm unverzichtbar, andererseits können sie direkt zu Motilitätsstörungen führen oder diese über gastrointestinale Perfusionsstörungen auslösen.7 So kann ein paralytischer Ileus als Folge einer protra­hier­ten, postoperativen Darmparalyse oder reflektorisch bei Ischämien oder Intoxikationen bedingt sein.7 Laut Allescher et al. kann eine medikamentöse Stimulation der Darmtätigkeit bei Intensivpatienten in kritischen Situationen äußerst schwierig sein.7

Perfusionsstörungen des Magen-Darm-Trakts

Eine Optimierung der systemischen Hämodynamik durch Katecholamine kann die Darmperfusion verbessern. Das Dilemma ist, dass daneben eine Stimulation von α-Rezeptoren zu abdominalen Gefäßverengungen auftreten kann. Resultierende mesenteriale Perfusionsstörungen begünstigen bakterielle Translokationen vom Darmlumen in die Blutbahn sowie eine Entwicklung von Sepsis.7 Ein Verzicht auf Katecholamine ist trotz dieser unerwünschten Wirkungen oft nicht sinnvoll, da ein erniedrigter Perfusionsdruck wiederum erhebliche Durchblutungsstörungen des Darms zur Folge haben kann. Perfusions­störungen können sich an allen Organen des Verdauungstrakts manifestieren und auch zur Entstehung von Stressorganen beitragen.7

Stuhlmanagement

Der Überwachung von Darmfunktion und Ausscheidungen wird bei Intensivpatienten noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei kommt es bei bis zu 30 % der Patienten auf der Intensivstation während ihres Klinikaufenthalts zu einer Fäkalinkontinenz.6, 8 Dies ist – vor allem bei Diarrhö – nicht nur eine Belastung für Patienten und die Pflegekräfte, sondern stellt einen nicht zu unterschätzenden Risikofaktor für Komplikationen wie Haut- und Schleimhautläsionen sowie für Wundinfektionen und Kontaminationen mit enteralen Pathogenen (u. U. MRGN, Clostridioides difficile etc.) dar. Dadurch können sich durchaus die Liegezeiten auf Intensivstationen verlängern. Mangels vorhandenen speziellen Ableitungssystemen werden nicht selten ungeeignete Hilfsmittel wie Rektalsonden, Katheter o. ä. eingesetzt (Off-Label-Use!), welches ein Risiko für Mukosaverletzungen, Rektalnekrosen und Verlust der Sphinkterfunktion in sich birgt.9

Dabei sind spezielle Stuhldrainagesysteme verfügbar, die auch bei katecholaminpflichtiger Herz-Kreislauf-Unterstützung zugelassen sind und gemäß Gebrauchsanweisung (IFU) eingesetzt werden dürfen. Diese können selbst bei Vasokonstriktion durch Katecholamine noch einen Schutz vor Läsionen und Druckgeschwüren bieten (z. B. patienten­adaptierte Blockung mittels Ampelindikator mit Flexi-SealTM Protect Plus).

Rezeptorvermittelte Nebenwirkungen

Die Wirksamkeit von Katecholaminen und auch deren Einfluss im Splanchnikusgebiet beruhen auf den unterschiedlichen Rezeptorwirkungen der verschiedenen Substanzen. Generell überwiegen in Muskel- und Mesenterialgefäßen die β2-Adrenozeptoren und abdominale Gefäßverengungen werden über α1-Rezeptoren vermittelt.10 Im Gastrointestinaltrakt werden die Abnahme der Motilität und des Tonus über α2– und β2-Rezeptoren und die Kontraktion der Sphinkteren über α1-Rezeptoren geregelt.10 Die Amylaseaktivierung der Verdauungsdrüsen erfolgt über β1-Adrenozeptoren. Im Pankreas sind α2-Rezeptoren für die Verminderung der Insulinsekretion und β1-Rezeptoren für die gesteigerte Insulinsekretion verantwortlich.10 β2-Adrenozeptoren vermitteln in der Leber eine gesteigerte Glukoneogenese und Glykogenolyse. Es wird deutlich, dass die Berücksichtigung von Substanz-spezifischen, gastrointestinalen Nebenwirkungen der Katecholamine für eine adäquate, individuelle intensivmedizinische Kreislauftherapie von wesentlicher Bedeutung sein kann.7

Dopamin

Dopamin wirkt auf β- und α-Adrenozeptoren und als einziges Katecholamin zusätzlich auf dopaminerge Rezeptoren. Als endogener zentraler Neurotransmitter hemmt es die Hormonfreisetzung aus dem Hypophysenvorderlappen und kann aus den sympathischen Nervenendigungen Noradrenalin freisetzen.2 Die rezeptorvermittelten Effekte unterscheiden sich in Abhängigkeit von der Dosierung.1 Eine Therapie mit Dopamin kann außer den typischen Katecholamin-Nebenwirkungen weitere unerwünschte Effekte hervorrufen – z. B. Anstieg des pulmonalarteriellen Druckes, Einschränkung der Nierendurchblutung sowie Störungen der Atemaktivität und der T-Zell-Aktivität.1, 11

Dopamin steigert zwar die Splanchnikusperfusion, erhöht aber zeitgleich überproportional den O2-Verbrauch des Darms, woraus in der Summe eine Mukosaischämie resultieren kann.7 Wie Adrenalin und Noradrenalin führt auch Dopamin – wenn auch im abgeschwächtem Ausmaß – zu gastrointestinalen Motilitätsstörungen.7 Mit Dobutamin und Noradrenalin stehen alternative Substanzen zur Verfügung, die ein weniger ungünstiges Nebenwirkungsprofil aufweisen.

Adrenalin

Als stärkstes, verfügbares Katecholamin aktiviert Adrenalin β1-, β2– und α-Adrenozeptoren. In niedriger Dosierung wird primär über β-Adrenozeptoren das HZV gesteigert. In höheren Dosierungen dominie­ren zunehmend die α-adrenergen vasokonstriktorischen Effekte.1, 2 Aufgrund der hohen Potenz und den damit verbundenen aus­gepräg­ten Katecholamin-typischen Nebeneffekten scheint es beispielsweise laut der Leitlinie zur intensivmedizinischen Versorgung herzchirurgischer Patienten geboten, den Einsatz dieser Substanz als „Rescue-Katecholamin“ auf Patienten mit anderweitig nicht beherrschbarer hämodynamischer Instabilität zu beschränken.1

Neben deutlichen metabolischen Veränderungen (Hyperglykämie, Laktazidämie) vermindert Adrenalin den Tonus der Darmmuskulatur und die Motilität. Darüber hinaus kommt es unter Adrenalin zu einer gravierenden Verschlechterung der viszeralen Perfusion und zu einem höheren Risiko für akute mesenteriale Ischämien.1, 2

Dobutamin

Das synthetische Dobutamin entfaltet seine Wirkung vorwiegend durch Bindung an β1– und β2-Adrenozeptoren. Durch die positiv inotrope Wirkung bei gleichzeitiger Reduktion der Nachlast infolge milder peripherer Vasodilatation führt es zu einem Anstieg des HZV und damit zu einer Verbesserung der hämodynamischen Situation.

Als Folge der verbesserten allgemeinen Blutzirkulation führt Dobutamin zu einer Zunahme des hepatischen Blutflusses und der Perfusion der Magenmukosa.1 Die Auswirkungen von dem Katecholaminderivat auf die Splanchnikusperfusion sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Doch konnte im septischen Schock durch Zugabe von Dobutamin zu Noradrenalin eine verbesserte Perfusion im Splanchnikusgebiet erreicht werden.7

Noradrenalin

Noradrenalin entwickelt starke α1– und α2-adrenerge sowie geringe β1-adrenerge Wirkungen. Noradrenalin wirkt durch eine Aktivierung von α-Adrenozeptoren an den Arteriolen stark gefäßverengend und damit blutdrucksteigernd. Zudem fördert es die Kontraktionskraft des Herzens.1, 7 Noradrenalin wird rasch in der Leber und im Gewebe metabolisiert (Plasma-Halbwertszeit von 5–10min) und ist deshalb gut steuerbar.2

Noradrenalin scheint die Perfusion der Mesenterialgefäße und der Mukosa zu reduzieren.7 In der Literatur wird von manchen Autoren noch auf die Gefahr von mesenterialer Nekrosenbildung im Rahmen der Therapie mit Noradrenalin hingewiesen. So ist hier beim Einsatz immer auf eine ausreichende Volumensubstitution zu achten.7 Nor­adrenalin ist wegen bradykarder Effekte und den vergleichsweise
geringeren Nebenwirkungen für viele intensiv- und katecholamin­pflichtige Indikationen ein Vasopressor der Wahl.1, 2

Resümee

Im Rahmen einer intensivmedizinischen Herz-Kreislauf-Therapie mit Katecholaminen sollten leitliniengemäß die Dosierungen auf ein notwendig erachtetes Minimum titriert werden und stets geprüft werden, ob sich nicht durch eine vorsichtige Volumengabe ein Absetzen erreichen lässt. Die Berücksichtigung von gastrointestinalen Nebenwirkungen der positiv inotropen und vasoaktiven Substanzen ist für den Verlauf einer adäquaten, intensivmedizinischen Kreislauftherapie durchaus von wesentlicher Bedeutung. Daher sollten außer dem routine­mäßi­gen Monitoring aufgrund der rezeptorvermittelten gastrointestinalen Nebenwirkungen der Katecholamine bei Intensiv­patien­ten auch die Darmgeräusche und die Ausscheidung mit in die Überwachung aufgenommen werden. Eventuelle Risiken für rektale Drucknekrosen, Hautläsionen und Wundinfektionen sowie Umgebungskontaminationen sollten durch Einsatz mit einem notwendigen Stuhlmanagement Berücksichtigung finden. Ggf. sollte zur Ve­mei­dung von Komplikationen nur ein bei Katecholamintherapie zugelassenes Stuhlmanagementsystem eingesetzt werden.

(mk)

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1 Habicher M, Zajonz T et al. S3-Leitlinie zur intensivmedizinischen Versorgung herzchirurgischer Patienten – Hämodynamisches Monitoring und Herz-Kreislauf, 2018; AWMF-Registernr. 001-016
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK): Deutsch-österreichische S3-Leitlinie „Infarktbedingter kardiogener Schock – Diagnose, Monitoring und Therapie“, 2019; AWMF-Registernr. 019-013
3 Riessen R, Tschritter O et al. Med Klin Intensivmed Notfmed 2016; 111: 37–46
4 Deutsche Sepsis Gesellschaft e. V.: S3-Leitlinie Sepsis – Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge, 2018; AWMF-Registernr. 079-001
5 Ukleja A. Nutr Clin Pract 2010; 25: 16–25
6 Bittinger M, Messmann H. Der Gastroenterologe 2014; 9: 527–34
7 Allescher HD, Reeker W: Gastrointestinale Probleme beim Intensivpatienten. In: Rossaint R, Werner C, Zwißler B. (eds) Die Anästhesiologie. Springer Reference Medizin (2018). Springer, Berlin, Heidelberg
8 Bayón GC, Wyncoll D et al. J Intensive Care Soc 2013; 14 (Suppl 2): 1–9
9 Dubb R. ProVita 2012: 16(3): 23–25
10 PD Dr. med. Carsten Müller, Zentrum für Pharmakologie, Uniklinikum Köln: Katecholamine. dr-carstenmueller.de/startseite-2/katcholamine
11 Belujon P, Grace AA. Proc Biol Sci. 2015; 282